Hector Berlioz´ Werke werden dank ihrer "sperrigen" Libretti und Instrumentationen höchst selten auf Bühnen aufgeführt; man bekommt allenfalls konzertante Aufführungen von wenigen Stücken zu hören ("Les Troyens", "Benvenuto Cellini" usw.). Umso schöner ist es da, daß sich das Theater an der Wien an eine Inszenierung des Spätwerks "Béatrice et Bénédict" herangewagt hat.
Die Vertonung der Shakespeare-Komödie "Much Ado About Nothing" ("Viel Lärm um nichts") darf man sich musikalisch nicht als mitreißende Oper vorstellen, bei der die Musik den Text ins Dramatische peitscht. Vielmehr ist aus dem Lustspiel ein melancholisches, ja fast elegisches Oratorium geworden. Der Franzose Berlioz packt die doppelbödige Geschichte Shakespeares in eine phantastische Musik. Ähnlich wie bei Mozarts "Cosi fan tutte" ist die Oper nur vordergründig heiter, in Wirklichkeit hat das Stück bitterernste Facetten.
Wenn Regisseur Kasper Holten die Szene mit dem Kapellmeister Somarone nicht unfreiwillig ins Lächerliche gezogen hätte, wäre die Inszenierung nahezu perfekt gewesen. Exzellent waren etwa der Einsatz der Drehbühne und der Videoprojektionen. Jede Person auf der Bühne war immer sinnvoll in Bewegung, nichts wirkte irgendwie aufgesetzt und willkürlich. Warum aber in der Dirigentenszene im ersten Akt Somorone mit dem Maestro Hussain einen (fast peinlichen) Dialog führen mußte, weiß außer dem Regisseur offenbar niemand.
Im Gegensatz dazu waren das ORF-Orchester unter Leo Hussain und vor allem die Solisten Malena Ernmann, Christine Karg und der Schweizer Bernard Richter eine Klasse für sich. Viel besser kann man dieses Werk heute nicht aufführen.
Letzteres läßt sich von der konzertanten Aufführung von Henry Purcells "Dido und Aeneas" leider nicht behaupten.
Chor und Orchester des King´s Consort unter ihrem Chef Robert King machten aus der knapp einstündigen Oper und der davor gespielten Ode "Why, why are all the muses mute" eine musikalische Delikatesse. Die Solisten konnten bis auf den Bariton Roderick Williams (Aeneas) leider nicht das hohe Niveau der Musiker halten. Die ansonsten großartige Sopranistin Carolyn Sampson sang die weibliche Hauptrolle eigentümlich flach und ohne jedwede Persönlichkeit in ihrer Stimme. Die berühmte Arie "When I am laid in earth" huschte eigentlich aus- und eindruckslos vorbei. Grace Davidson als Belinda war zwar hübsch anzusehen; man könnte auch ihre Stimme als hübsch bezeichnen - wenn ein Sängerknabe oder ein Kind gesungen hätte. Nur sind wir mittlerweile Jahrhunderte von der Renaissance- und Barocktradition entfernt, als noch (männliche) Kinder oder Sopranos (Anm.: früher unter anderem die Kastraten und heute Männer, die die Sopranpartien übernehmen) in die Frauenrollen schlüpften. Gerade Didos Gefährtin Belinda sollte doch auch stimmlich von einer Frau gesungen und nicht nur dargestellt werden!
Sehr sympathisch war Robert King, der - wie schon vor einem Jahr bei Purcells "The Fairy Queen" - die einführenden Worte sprach. Er erzählte in wenigen Worten die Aufführungsgeschichte und den historischen Kontext des Jahres 1685 (unter König James II.) rund um die Komposition. Dann schloß King die wunderbare und für die Zeit extrem fortschrittliche Oper "Dido und Aeneas" mit dem von ihm als Melodram gesprochenen Epilog. Es ist schön zu sehen und zu hören, daß ein gutes Orchester und ein ebensolcher Chor auch mit mittelmäßigen Sängern eine beachtliche Leistung zuwegebringen kann.
Von Herbert Hiess. Die vorletzte szenische Produktion der Saison 2012/13 im Theater an der Wien war - bis auf ein paar Peinichkeiten in Sachen Regie - fast vollkommen. Von der konzertanten Aufführung der Purcell-Oper "Dido und Aeneas" kann man das leider nicht behaupten; den Mangel an prägnanten Stimmen konnten hier nur Chor und Orchester aufwiegen.
Redaktion
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