Die deutsch-spanische Kulturzeitschrift Österreichs
Dienstag, 08 Juli 2025 23:08

Wiener Werbeschmäh Teil 3. Wie provokant darf Werbung sein?!

Von
(v.l.n.r.): Alexander Hovorka (Bestattung Himmelblau), Pia Saal (Schlaweana), Sigrid Neureiter-Lackner (Fachverband Werbung Wien), Martin Eicher (Ottakringer), Doris Felber (Bäckerei Felber), Robert Judtmann (UNIQUE Werbeagentur) und Stefanie Felber (Bäckerei Felber). Foto: CulturaLatina

Ob Bier, Brot, Bestattung oder Mistkübel – der Wiener Schmäh bleibt ein starkes Kommunikationsinstrument, das weit über Dialekt hinausgeht. Er steht für Selbstironie, Lebensfreude und eine Prise Frechheit, die Werbung braucht, um zu berühren und zu bewegen.

Beim heutigen 9. Hybriden Branchentalk der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien im Apothekertrakt von Schloss Schönbrunn stand die Frage im Fokus: Wie viel Provokation und Schmäh verträgt Werbung? Zahlreiche Gäste vor Ort und im Livestream tauchten ein in eine spannende Diskussion über Humor, Respekt und Mut in der Markenkommunikation.

Martin Eicher (Ottakringer) betonte beim Branchentalk „Wiener Werbeschmäh“, dass es in ihrer Kommunikation darum geht, Haltung zu zeigen: weg von Beliebigkeit, hin zu „0816 statt 0815“. Foto: CulturaLatina
Martin Eicher (Ottakringer) betonte beim Branchentalk „Wiener Werbeschmäh“, dass es in ihrer Kommunikation darum geht, Haltung zu zeigen: weg von Beliebigkeit, hin zu „0816 statt 0815“. Foto: CulturaLatina

Martin Eicher, Leitung Marketing & Innovation Ottakringer Brauerei

Der gebürtige Berliner, der seit 16 Jahren in Wien lebt, erzählte, wie Ottakringer seine Markenpositionierung radikal neu gedacht hat: weg von Beliebigkeit, hin zu „0816 statt 0815“. Humor ist dabei kein Gimmick, sondern Strategie – wie der Claim „Uns kannst du gernhaben“ zeigt. Erwähnenswert war ein einziges Plakat in Berlin, das für nur 800 € viral ging und zeigte, wie man mit Schmäh und Cleverness große Budgets schlägt.

Doris und Stefanie Felber, Eigentümerin bzw. Marketingleiterin Bäckerei Felber

Ihre Corona-Videokampagne ist fast schon legendär: Ein spontanes Facebook-Video mit doppeldeutigen Formulierungen („Nageln, Streichen, Schrauben...“) löste erst einen Shitstorm, dann riesige Sympathie aus – und bescherte +10 % Umsatz, als viele andere Verluste schrieben. Heute nutzt die Bäckerei Social Media, um Tradition frisch zu inszenieren, etwa via TikTok – authentisch mit Doris Felber selbst vor der Kamera.

Alexander Hovorka, Geschäftsführer Bestattung Himmelblau

Zeigte, dass auch Tod und Humor zusammengehen können: Die Bestattung ist mit ihren TikTok-Clips über Friedhofskultur und Vorsorge bereits zweimal für den PR-Staatspreis nominiert. Wichtig dabei ist Fingerspitzengefühl: Schmäh darf Betroffenheit nicht verletzen, soll aber helfen, Tabus zu brechen und Dialog zu schaffen.

Pia Saal, Geschäftsführerin Schlaweana – Wiener Marketing Werkstätte

Gemeinsam mit Partnerin Lorena gründete die gebürtige Münchnerin eine Wiener Agentur, die Marketing mit Schmäh und Ehrlichkeit verbindet. Ihr Tipp: Im Shitstorm nie abtauchen, sondern mit der Community im Dialog bleiben. Auf TikTok funktioniere Mut oft besser als auf Facebook, dort gehe es „ein bisserl vergeblicher“ zu.

Robert Judtmann, Geschäftsführer UniqueFessler / R&J Unique Plot-Advertising

Erklärte, wie man Werbebotschaften in kleine Stories verpackt, um mehr Momentum zu erzeugen. Paradebeispiel: die Kampagnen der MA48 (Mülltrennung & Hundekot). Durch Schmäh und Überraschung entsteht Wirkung – auch wenn man damit Hundebesitzer „ein bissl auf die Füße steigt“. Sein Credo: Plot schlägt Plakat.

Sigrid Neureiter-Lackner, Fachverband Werbung und Marktkommunikation Wien

Führte mit viel Herz, Humor und feinem Gespür für ihre Gäste durch den Abend.

Am Ende waren sich alle einig: Ohne Schmäh wär’s nur halb so spannend. Foto: CulturaLatina
Am Ende waren sich alle einig: Ohne Schmäh wär’s nur halb so spannend. Foto: CulturaLatina
Ein gelungener Abend mit viel Schmäh und guten Ideen. Wir sind gespannt auf den nächsten Branchentalk!. Foto: CulturaLatina
Ein gelungener Abend mit viel Schmäh und guten Ideen. Wir sind gespannt auf den nächsten Branchentalk!. Foto: CulturaLatina

 

Eckdaten:
Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation
Wirtschaftskammer Wien
Straße der Wiener Wirtschaft 1, 1020 Wien
www.werbungwien.at 

Letzte Änderung am Mittwoch, 09 Juli 2025 00:49
Maria Taramona

María Elena Taramona de Rodríguez, bekannt als Maria Taramona, ist Journalistin, Grafikdesignerin sowie Chefredakteurin und Herausgeberin der Zeitschrift „CulturaLatina & Österreich“.
Sie hat Informatik studiert und ein Diplom im Bereich Marketing erworben. Seit 2005 lebt sie in Österreich, wo sie 2009 in Wien ihre eigene Werbeagentur gründete. Daraus entstand später das zweisprachige Magazin „CulturaLatina & Österreich“, das zunächst die spanischsprachige Community vernetzen sollte und sich heute zu einer Plattform für kulturelle, gesellschaftliche und diplomatische Themen aus Österreich und der lateinamerikanischen Szene entwickelt hat.

Mit großem Engagement setzt sich Maria Taramona dafür ein, Brücken zwischen der österreichischen und internationalen Kulturen zu bauen, den interkulturellen Austausch zu fördern und so gegenseitigen Respekt sowie eine offene, vielfältige Gesellschaft zu stärken.

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Newsletter Anmeldung
Please wait
Don't have an account yet? Register Now!

Sign in to your account