Kinder Gesundheit: muss man sie ganzheitlich betrachten? Körper und Psyche der Kinder als Einheit?
Wir betrachten Gesundheit ganzheitlich im umfassenden WHO Sinn als körperliche, emotionale, geistige, seelische und soziale Gesundheit. Körper und Geist sind nicht zu trennen, für individuelle Gesundheit sind auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen ausschlaggebend.
Die Corona Situation stellt Kinder und Jugendliche vor große Herausforderungen. Womit haben sie gerade am meisten zu kämpfen, und welche Rolle spielen Schulschließungen dabei?
Isolation, fehlende soziale Interaktion, kleiner Bewegungsradius, kaum Erfolgserlebnisse – die Schulschließungen spielen vor allem hinsichtlich des sozialen Lebens eine Rolle. Neben den Schulen sind ja auch Sportvereine, Jugendtreffs, Tanzstudios, Musikschulen uvm geschlossen. Auch das ist für die jungen Menschen ein großer Verlust.

Was sollte man vor allem beachten? Wie erkennt man Symptome möglicher Kinder oder Jugend Depressionen?
Klassische Symptome sind Energielosigkeit, Verlust von Interessen, Rückzug, Hoffnungslosigkeit, überwältigende Traurigkeit, aber auch Bauchweh, Kopfweh, Schlafstörungen…wenn Kinder sich jetzt niedergeschlagen und traurig fühlen, ist das angesichts der Situation eine angemessene Reaktion. Macht ihnen aber nichts mehr Freude, verlieren sie die Lust zu Essen, kommen nicht mehr aus dem Bett, weinen viel oder werden autoaggressiv, ist professionelle Hilfe angesagt.
Was können Eltern helfend tun? Aber auch die Lehrer?
Wichtig ist, dass Eltern ihren Kindern Zuversicht vermitteln und Struktur, also einen Tages- und Wochenablauf, geben. Immer wieder das Gespräch suchen, auch wenn die Kinder sich zurückziehen. Zusätzlich wäre es toll, wenn es gelingt, die Kinder zu Bewegung an frischer Luft zu motivieren. Da wird von den Eltern neben Job, Homeoffice und Homeschooling oft viel verlangt. Die Situation der Lehrer*innen ist ganz neu und sicher nicht leicht. Die Aufrechterhaltung des Kontakts und der Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen ist jetzt das Wichtigste. Lernen klappt am besten über gute Beziehungen. Die Kinder brauchen auch Erfolgserlebnisse. Das müssen nicht notwendigerweise Noten sein. Dazu braucht es jetzt sicher kreative Ideen, aber es gibt viele phantasievolle, engagierte Lehrer*innen.
Welche Forderungen hätten Sie an die Regierung, damit Kinder besser durch die Pandemie kommen? Wie kann die Liga helfen?
Wir wünschen uns, dass die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen stärker wahrgenommen werden. Wichtig wäre, dass die Agenden Kinder, Jugend und Familie ein eigenes Ministerium/Ressort erhalten und nicht an andere Themenbereiche angehängt werden, so wie es bei der letzten Ministeriumsrochade im Jänner wieder passierte. Die Kinderliga hilft als Expertin in politischen Gremien, bei Tagungen/Kongressen und in Arbeitsgruppen, sie setzt sich auf politischer Ebene für Kinder und Jugendliche ein, sie unterstützt ihre Mitgliedsorganisationen durch Netzwerkarbeit, Fortbildungen, Informationen und bemüht sich um Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit durch Medienarbeit.

Ein umstrittenes Thema sind derzeit die Impfungen. Wie lautet die Position der Liga in Bezug darauf?
Die Kinderliga ist kein rein medizinischer Dachverband. Hier haben wir natürlich persönliche Meinungen, aber kein offizielles Statement. Prinzipiell sehen wir, dass Impfungen im vergangenen Jahrhundert viel Leid erspart haben.
Welche sind die Schwerpunkte und die wichtigsten Projekte der Liga für 2021?
Unser Jahresschwerpunktthema ist heuer der „Soziale Zusammenhalt“. Gerade in Zeiten einer Krise ist dieses Thema wichtig. Zusätzlich werden uns die Themen psychische Gesundheit, Kinderrechte und Kinderschutzkonzepte durch das Jahr begleiten.
Mag.a Dr.in Caroline Culen
0681 108 06 2020
culen@kinderjugendgesundheit.at
www.kinderjugendgesundheit.at
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