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Dienstag, 20 Dezember 2016 16:06

Die Gelegenheit für Mexiko, sich Lateinamerika wieder anzunähern

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Die Entscheidung der mexikanischen Regierungen, den Freihandelsvertrag mit den Vereinigten Staaten und Kanada zu unterzeichnen und ihm über die Jahre treu zu bleiben, hat Mexiko nicht nur enormen Schaden zugefügt, sondern hat das Land auch von Lateinamerika entfernt. Es handelt sich um eine ideologische Wahl, die im Irrglauben wurzelte, die Assoziierung mit wirtschaftlichen Großmächten würde es der mexikanischen Wirtschaft ermöglichen, das Niveau der weiter entwickelten Wirtschaften zu erreichen und so Armut, Ungleichheit, Elend und soziale Marginalisierung hinter sich zu lassen.

Text: Emir Sader | Übersetzung: Hermann Klosius

Die Bilanz der 20 Jahre, die dieser Vertrag in Kraft ist, ist offensichtlich: Mexiko war der große Verlierer. Da es als Leichtgewicht gegen ein Schwergewicht wie die USA in den Ring gestiegen war, war seine Niederlage absehbar, und so ist es auch gekommen. Auch wenn seine Wirtschaft gewachsen ist, war Mexiko eines der wenigen Länder des Kontinents, wo sich die soziale Lage der Bevölkerung in diesem Jahrhundert nicht verbessert hat.

Auch die Entscheidung, seine Wirtschaft von einem einzigen großen Markt abhängig zu machen, war selbstmörderisch. Der Umstand, dass es über 80% seines Außenhandels mit den USA abwickelt, hat dazu geführt, dass Mexiko den Schwankungen der US-Wirtschaft ausgeliefert ist, die längst nicht mehr so dynamisch ist wie in der Vergangenheit. Mexiko war für die großen US-Konzerne eine Quelle billiger Arbeitskraft, ein sicherer Absatzmarkt für die Produkte des nördlichen Nachbars, ein Lieferant preisgünstiger Rohstoffe für die USA.

Nicht genug damit, dass es in diesem ganzen Prozess der Verlierer war, bezahlt es jetzt einen noch höheren Preis dafür, dass es seine Wirtschaft an jene eines einzigen Landes geknüpft hat. Der Triumph von Donald Trump bringt für Mexiko bedrohliche Aussichten: Abschiebung eines Teils der Dutzenden Millionen von MexikanerInnen, die in den USA arbeiten, die Besteuerung der Rücküberweisungen an Familienangehörige in Mexiko und auch die Aufhebung des Freihandelsvertrags selbst.
Panik breitet sich in Mexiko aus, ohne dass bisher über die neue Wirklichkeit volle Klarheit herrscht und Maßnahmen zur Verteidigung entworfen werden konnten. Bisher sind Reden die einzige Reaktion auf die konkreten Drohungen, die Trump vom ersten Tag seiner Regierungsübernahme an umzusetzen verspricht.

Es ist höchste Zeit, dass Mexiko aufhört, seinen Blick nach oben zu richten – wo ihm sogar die Türen verschlossen werden –, und wieder nach unten, nach Lateinamerika, schaut, dessen Teil es immer war, trotz der Regierungen, die nur den nördlichen Nachbarn im Blick hatten. Auch wenn heute zwei der Länder, die am meisten für die regionale Integration eingetreten waren, Regierungen haben, die sie negieren, werden die nächsten Jahre für Lateinamrika entscheidend sein, und Mexiko kann in dieser Zukunft eine wesentliche Rolle spielen.

Es ist angesichts der katastrophalen Ergebnisse des Versuchs von Argentinien und Brasilien, zum Neoliberalismus zurückzukehren, durchaus möglich, dass diese Länder in den nächsten Jahren wieder Regierungen haben werden, die der lateinamerikanischen Integration den Vorzug vor Freihandelsverträgen mit den USA geben. Mexiko kann Teil dieser Entwicklung sein, die für den Kontinent so positiv war.

Der Sieg von Trump und das mögliche Auseinanderbrechen des nordamerikanischen Freihandelsvertrags eröffnen Mexiko die Möglichkeit, die falsche Ausrichtung seiner Regierungen zu revidieren und sich wieder voll in Lateinamerika zu integrieren. Sowohl den Kontinent wie auch Mexiko selbst wird das stärken. Es wird sich auf einen intensiven wirtschaftlichen Austausch mit den Ländern des Kontinents stützen und sich auch den BRICS und deren Entwicklungsbank annähern können.

Mexiko würde so die Unbillen, die ihm vom Norden her drohen, in eine neue Gelegenheit sich in der Welt zu positionieren verwandelt haben, die sich nicht dem Diktat seiner geographischen Lage unterordnet. Es würde wieder ein voll in Lateinamerika integriertes Land sein.

Emir Sader ist brasilianischer Spziologe und Politikwissenschaftler. Übersetzung des am 13.12. auf www.alainet.org erschienenen Beitrags: Hermann Klosius

Letzte Änderung am Mittwoch, 26 April 2017 18:20
Redaktion

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