Paul Turac, Präsident der Schwedischen Handelskammer in Österreich, eröffnete das Forum mit herzlichen Worten und begrüßte die Anwesenden sowie den Ehrengast Georg Knill. Turac hob die Bedeutung des Themas hervor und betonte die aktuellen Herausforderungen und Chancen für Österreich als Industriestandort, darunter hohe Personalkosten und Inflationsraten.
Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV), erklärte in seinem Vortrag die hervorragenden bilateralen Beziehungen zwischen Schweden und Österreich, die durch ein Handelsvolumen von rund 4 Milliarden Euro und zahlreiche Arbeitsplätze in beiden Ländern gekennzeichnet sind. Knill stellte die Industriellenvereinigung als freiwillige Interessensvertretung vor, die rund 5000 Mitgliedsunternehmen aus allen Branchen und Größenklassen repräsentiert und sich für einen attraktiven Industriestandort in Österreich einsetzt.
Knill warnte vor den wachsenden Herausforderungen für die heimische Industrie, insbesondere im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Er unterstrich die Dringlichkeit, stabile und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Industriestandort Österreich langfristig zu sichern. Die Industrie spielt mit einem Anteil von knapp 29 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und über zwei Millionen Arbeitsplätzen eine zentrale Rolle in der österreichischen Wirtschaft.
Besonders kritisch sieht Knill die Entwicklung der Lohnstückkosten, die in den letzten drei Jahren um über 30 Prozent gestiegen sind. Österreich gehört mittlerweile zu den teuersten Ländern Europas und hat in diesem Bereich sogar Deutschland überholt. Trotz starker Technologie, Innovationskraft und hochqualifizierter Mitarbeiter könnte diese Kostenentwicklung die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gefährden.
Energietransformation und der Green Deal
Zum Thema Energietransformation und den Green Deal erklärte Knill, dass die anfängliche Begeisterung durch Ernüchterung ersetzt wurde, da die erwarteten Vorteile wie verlässliche und günstige Energie bisher nicht eingetreten seien. Er forderte verstärkte internationale Partnerschaften, um die Energieversorgung zu sichern, und nannte Italien als Beispiel für erfolgreiche Diversifikation.
Europas Position im globalen Wettbewerb
Auf die Frage zur Positionierung Europas im globalen Wettbewerb betonte IV-Präsident die zentrale Rolle Europas in der globalen Wertschöpfungskette und die Dringlichkeit strategischer Partnerschaften und Handelsabkommen. Er erklärte, dass Europa in der Grundlagenforschung stark ist, diese jedoch oft nicht erfolgreich vermarkten kann. Europa muss geschlossen als ein Markt mit 450 Millionen Konsumenten auftreten, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, betont Knill.
Arbeitsmarkt und Arbeitsmarktpolitik
Die Sozialpartnerschaft steht zunehmend unter Druck. Während sie auf betrieblicher Ebene weiterhin gut funktioniert, zeigt sie institutionell Schwächen, so IV-Präsident Georg Knill. Herausforderungen wie die steigende Teilzeitarbeit und Frühpensionierungen belasten das Sozialsystem erheblich. Um die Erwerbsquote zu steigern und den Arbeitskräftemangel zu bewältigen, fordert Knill Maßnahmen, die längere Berufstätigkeit und qualifizierte Zuwanderung fördern.
Besonders kritisch sieht der IV-Präsident die sogenannte „Vollkasko-Mentalität“, die sich in Teilen der Gesellschaft etabliert hat. Ohne echte Leistungserwartungen, warnt Knill, könnten populistische Versprechungen die gesellschaftliche Entwicklung gefährden. Mehr Eigenverantwortung sei notwendig, um Österreich langfristig wettbewerbsfähig zu halten.
Kapitalmarkt
Zum Thema Kapitalmarkt erklärte Knill, dass dieser für Europa wichtig sei, um ein Gegengewicht zu anderen großen Finanzplätzen der Welt zu schaffen. In Österreich werde der Kapitalmarkt jedoch oft als suspekt angesehen, was zu einer Kapitalaversion führe. Diese Haltung verhindere die Nutzung der Potenziale des Kapitalmarktes, insbesondere für die Finanzierung großer Familienunternehmen, die traditionell über Banken und Fremdkapital finanziert werden. Knill warnt, dass mit dieser Haltung viele Chancen vertan werden, insbesondere wenn der Kapitalmarkt nicht genutzt wird, um beispielsweise das Pensionssystem zu stärken.
Die Veranstaltung endete mit einer Fragerunde und Networking, bei dem neue Kontakte geknüpft und bestehende Partnerschaften vertieft werden konnten. Das Forum lieferte wertvolle Anregungen und förderte den Austausch zwischen österreichischen und schwedischen Wirtschaftsvertretern.
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Webseite Schwedische Handelskammer in Österreich: www.swecham.at
Webseite Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung): www.iv.at
Webseite Schwedische Botschaft: www.swedenabroad.se